„Als der Kartoffelkäfer Malsch eroberte“


Kartoffelernte in Malsch
Kartoffelernte in Malsch

Im Juli 1935 wurde im Gemeinde-Anzeiger das erste Mal auf die große Gefahr hingewiesen, die der Kartoffelkäfer damals für das Volksnahrungsmittel Kartoffel bedeutete. In diesem Artikel wurde auch erwähnt, dass zu dieser Zeit nahezu ein Fünftel aller auf der ganzen Erde geernteten Kartoffeln in Deutschland erzeugt wurden.

 

Nachdem der Kartoffelkäfer in Frankreich 1934 in vielen Departements heimisch wurde, befürchtete man die Einschleppung dieses Schädlings in Baden.

 

Im August 1936 wurden erstmals in unserer Gemeinde die Kartoffelfelder zwischen der Bahnlinie und dem Hardtwald durch Schülerinnen und Schüler der 6. bis 8. Klasse nach Kartoffelkäfern und Larven abgesucht, wobei nichts gefunden wurde. Auch im Folgejahr 1937 wurden insgesamt sieben Suchtage durch die oberen Klassen der Volksschule durchgeführt, ohne Käfer oder Larven zu finden. 

Kartoffelblätter mit Käfer und Larven
Kartoffelblätter mit Käfer und Larven

1938 wurde in Malsch ein Kartoffelkäfer-Abwehrdienst eingerichtet, nachdem der Kartoffelkäfer an 14 128 Stellen der deutschen Westgrenze auftauchte. Die zur Bekämpfung des Kartoffelkäfers notwendigen Spritzgeräte und Spritzmittel wurden angeschafft und Pius Hornung und Alois Krämer als Spritzwarte verpflichtet. Alle Kartoffelanbauer hatten ihr Feld an Samstags- Nachmittagen abzusuchen, wobei die Feldhut dies zu kontrollieren hatte. Die im Jahre 1938 festgesetzten und insgesamt durchgeführten Kartoffelkäfer-Suchtage durch die Schulklassen sind wie in den Vorjahren ergebnislos verlaufen.

 

Im Jahre 1939 wurden in unserer Gemeinde auf den Kartoffelfeldern die ersten Schutzspritzungen durchgeführt. 

Hochdruck-Rückenspritzen
Hochdruck-Rückenspritzen

Ein Malscher Schüler fand im Juli 1939 im Hardteck auf dem Gewann Luderbusch Kartoffelstöcke mit Fraßstellen die ihm verdächtig vorkamen. Er benachrichtigte sofort die zuständigen örtlichen Stellen. Umgehend eilten der Bürgermeister und der Ortsbauernführer in das Hardteck und fanden 2 Kartoffelstöcke, die mit 46 Larven des Kartoffelkäfers dicht behangen und bereits bis auf die Blattrippen abgefressen waren. Inzwischen traf auch der telefonisch herbeigerufene Kartoffelabwehrdienst ein um die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Der Schüler der in vorbildlicher Weise den Fund meldete, erhielt durch den Bürgermeister eine Belohnung.

 

Im Juli 1940 wurde der Befall bereits auf 21 und im gesamten Jahr auf 56 Grundstücken festgestellt. Die Fundstellen wiesen nur Larven auf. Laut einer Meldung der Gemeinde vom 5. Oktober 1940 an das Landratsamt erfolgten im Jahre 1940 insgesamt 14 Suchtage durch die Schüler der oberen Klassen. An den Befallstellen wurden an 10 Tagen Schutzspritzungen durchgeführt.

 

Im Jahr 1941 wurden in Malsch bereits auf 70 Grundstücken nicht nur Larven, sondern auch unzählige Käfer gefunden. Bei 65 Grundstücken erfolgte die Meldung über den Befall durch den Besitzer des Grundstücks, während bei fünf Grundstücken der Suchdienst den Befall der Gemeinde meldete.

 

1942 beschleunigte sich die Verbreitung des Kartoffelkäfers weiter in rasanter Geschwindigkeit. Um der Bekämpfung des Käfers das nötige Interesse zu verschaffen und im Hinblick auf die besondere Wichtigkeit der Vernichtung dieses Schädlings für die Ernährung zahlte die Gemeinde für jeden abgelieferten Kartoffelkäfer oder einer Larve zunächst 1 Pfennig. Ende Juli 1942 wurden die Zahlungen eingestellt, nachdem der Schädling in verheerendem Ausmaß auftrat. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Gemeinde 872,13 RM ausgezahlt. Am 3. August 1942 wurde in der Gemeinde Malsch und Sulzbach eine außerordentliche Suchaktion durchgeführt, an welcher sich 724 Personen beteiligten. Bei dieser Suchaktion waren alle Lehrer und Schüler beteiligt. Gefunden wurden etwa 90 000 Käfer und Larven. Am 6. August 1942 wurde eine weitere große Suchaktion mit 685 Personen durchgeführt, bei welcher etwa 80 000 Käfer (darunter wenige Larven) gefunden wurden. Über das ganze Jahr 1942 wurden in Malsch schätzungsweise 800 000 Käfer und Larven gesammelt und vernichtet.

 

Im Folgejahr 1943 liefen am 12. Mai die ersten Meldungen über das Auftreten von Kartoffelkäfern bei der Gemeinde ein. Am 17. Mai 1943 wurde mit der Abgabe von Käfern gegen eine Vergütung von 1 Pfennig pro Stück begonnen. Die Vergütungen wurden laufend vermindert, da sich die Anzahl der abgegebenen Schädlinge sehr stark erhöhte. Das führte dazu, dass die Gemeinde im Jahr 1943 insgesamt 7.943,95 RM an 1020 Personen für die Absammlung der Kartoffelkäfer, der Eiablagen und der Larven auszahlen musste. An den regelmäßig abgehaltenen Suchdiensten beteiligten sich jeweils etwa 160 bis 180 Personen.

 

Ab dem Jahr 1944 gewährte die Gemeinde für 100 abgelieferte Käfer bzw. für 100 Blättern mit Eigelegen jeweils 50 Pfennig. Zum Suchdienst war jede Haushaltung verpflichtet, egal ob sie Kartoffel pflanzte oder nicht. Die in Frage kommenden Haushaltungen für den vorbestimmten Suchtag, wurden jeweils öffentlich bekannt gemacht. Im Jahr 1944 sind der Gemeinde für die durchgeführte Kartoffelbekämpfung Kosten in Höhe von 4.207,66 RM entstanden.

Das zur Kartoffelkäferbekämpfung verwendete Spritzmittel Kalkarsenat war ein schweres Gift. Vor Beginn einer jeden Spritzung mussten zum Schutz der Bienen die blühenden Unkräuter in den Kartoffelfeldern entfernt werden. Auch die angrenzenden Futterschläge mussten vorher abgeerntet werden, damit eine Vergiftung des Futters durch Spritznebel ausgeschlossen war. Die Spritzungen hatte der Bürgermeister ortsüblich bekannt zu geben. Bei Erkrankungen des Viehs, die den Verdacht auf Arsenvergiftung erweckten, musste der Kreistierarzt benachrichtigt werden.

 

Bestäubungsgerät gegen den Kartoffelkäfer
Bestäubungsgerät gegen den Kartoffelkäfer

Die Kartoffelkäferbekämpfung nach Kriegsende gestaltete sich äußerst schwierig, da es an allem mangelte was für eine ordentliche Bekämpfung des Schädlings notwendig war. Trotzdem blieb die Kartoffelkäferbekämpfung auch in den Nachkriegsjahren ein Thema. Zur Bekämpfung der Eigelege, der Larven und der Kartoffelkäfer ging man mehrheitlich auf das Bestäuben mit einem Bestäubungsgerät gefüllt mit speziellem Insektenpulver über.

Von den Kartoffelbauern, die sich ein solches Bestäubungsgerät nicht leisten konnten oder wollten, wurde das Pulver in einen Strumpf eingefüllt und damit dann die Pflanzungen bestäubt.

 

Josef Bechler,

Heimatfreunde Malsch