Der Siedlungsgedanke hat die Ortsgruppe des „Reichsbundes der Kinderreichen“ erstmals im Jahre 1933 dem Bürgermeisteramt Malsch vorgetragen. Der Reichsbund der Kinderreichen (R.d.K.) war der Meinung, dass größere Wohnungen für kinderreiche Familien in unserem Ort nicht zur Genüge vorhanden sind. Die Gemeinde zeigte sich dem Siedlungsgedanken offen, nachdem auch der damalige Reichsarbeitsminister Ende 1933 700.000,-- RM dem Land Baden für die Erstellung von Siedlungshäusern zur Verfügung stellte.
Als Siedler sollten Erwerbslose, Kurzarbeiter und ganz besonders kinderreiche Familien in Frage kommen. Die Auswahl der Siedler war die Aufgabe der Gemeinden. Mit dem Bau einer Kleinsiedlung sollte erreicht werden, dass der einzelne Siedler seinen ganzen Bedarf an Gemüse, einen Teil seiner Kartoffeln, Obst sowie sein Bedarf an Milch, Eiern und Fleisch selbst erzeugt.
Im Gemeinderat wurde im November 1934 beschlossen hatte, das Siedlungsprojekt nach jeder Richtung hin zu fördern. Bereits im Juli 1935 teilte die Gemeinde dem Bezirks-Wohnungsverband in Ettlingen mit, dass im Bruch 12 Siedlerstellen erstellt werden und die Gemeinde Malsch hierfür gemeindeeigenes Gelände zur Verfügung stellen wird. Das geplante Siedlungsgelände im Bruch eignete sich gut nach einer erfolgten Bodenuntersuchung durch den Badischen Landesökonomierat Augustenberg. Für die 12 Siedlerstellen bewarben sich zunächst 43 siedlungswillige Bürger. Der Bauplan wurde von Malscher Architekt Reichert gefertigt, der auch die Bauleitung übernahm. Die Finanzierung und Durchführung des Vorhabens übernahm als Siedlungsträger die „Gewobag Frankfurt“.
Im April 1936 wurde dem Siedlungsträger „Gewobag“ mitgeteilt, dass die Gemeinde Malsch für jedes der 12 Siedlerstellen ein Grundstück von 1200 qm zum Preis von
--,30 RM pro qm zur Verfügung stellen wird. Die Kaufkosten und eventuelle Grunderwerbsteuer sollen zu Lasten der Käufer gehen. Die Wasserleitung wird kostenlos bis zum jeweiligen Gebäude verlegt. Anschlussgebühren werden von der Gemeinde keine erhoben. Auch entstehen den Siedlern keine Straßenanliegerkosten.
Das Siedlungsvorhaben musste Ende 1936 zurückgestellt werden, da die errechneten Baukosten von 6.500 RM pro Siedlerstelle nicht darstellbar waren. Auch schieden eine ganze Reihe Siedler aus, da sie über keinerlei Eigenmittel verfügten. Die Baukosten pro Siedlerstelle wurden Anfang 1937 nach nochmaliger Überprüfung auf 5.600,-- RM reduziert. Die Finanzierung dieses Betrages war wie folgt vorgesehen:
2.500,-- RM Hypothek der Sparkasse Malsch
1.500,-- RM Darlehen aus Reichsmitteln
1.240,-- RM Eigenmittel der Siedler
360,-- RM Kaufpreis für den Bauplatz (gestundet) 1200 qm X --,30 RM
--------------
5.600,-- RM insgesamt
Die gesamten 12 Siedlungsbauten finanzierte die „Gewobag“ in Frankfurt, eine Einrichtung der Deutschen Arbeitsfront. Die Siedler mussten zunächst mtl. 25,-- RM bis 27,-- RM an Zins und Amortisation zahlen. Es war geplant, dass das jeweilige Gebäude nach einem Jahr Bewohnung in das Eigentum der Siedler übergehen sollte.
Zwischen den Siedlungsstellen Theodor Kühn und Johann Essig lag der so genannte „Kändelbrunnen“ oder „Kindlesbrunnen“ aus dem nach einer bekannten Sage die Hebammen die Babys holen und den Familien bringen. An diesem Platz war für Kinder ein Planschbecken geplant, das jedoch nicht zur Ausführung kam. Dort befand sich ein Teich, (Kindlesbrunnen) der teilweise von den Garagen der heutigen Eigentümer überdeckt ist.
Der Kaufvertrag zwischen der Gemeinde Malsch und der „Gewobag“ über den Verkauf der 12 Grundstücke zur Errichtung von 12 Siedlungshäusern wurde im Februar 1938 zum Preis von 4.335,90 RM abgeschlossen. Dies entsprach einem qm-Preis von --,30 RM. Nachdem die Siedlungshäuser im Juni 1938 vollständig fertig gestellt und von den Siedlern bezogen waren, sollten sie als Geschenk der Gemeinde einen Fahnenmast erhalten.
Im September 1940 teilte die „Neue Heimat Karlsruhe“ als Nachfolgerin der „Gewobag“ Frankfurt dem Bürgermeister mit, dass die Erstellung von Nebengebäuden einheitlich zu erfolgen habe. Das Bauen und die Finanzierung wurde den Siedlern überlassen, sofern sie sich an dem vorgegebenen Typenplan hielten. Zur Ausführung dieser Nebengebäude kam es vor dem Kriege nicht mehr, da die Versorgungslage mit Baustoffen sich immer schwieriger gestaltete.
Die Neue Heimat hat ab dem 1. Januar 1944 begonnen die 12 Kleinsiedlungsstellen an die einzelnen Siedler zu übertragen.
So sahen die Siedlungshäuser in ihrem ursprünglichen Zustand aus. Das Foto entstand nach dem Kriege und zeigt das Haus von Karl Reichert, Muggenstumer- Straße 74.
Eine Ende 1937 geplante zweite Kleinsiedlung im Gewann „Fischweier“ mit 25 Siedlerstellen scheiterte am Widerstand der Heeresverwaltung.
Nur vier Siedlungshäuser von den ursprünglich 12 Gebäuden erinnern uns heute noch an ihr ursprüngliches Aussehen.
Josef Bechler
Heimatfreunde Malsch