Material nach Veröffentlichung des unten stehenden Artikels.
Gründung der Ein- Verkaufsgenossenschaft am 28.7.1913 Direktor Paul Gräfinger, Anton Deubel, Johann Krämer
Korrektur und Ergänzung 3.4.2020
Im Buch Malscher Leben von Wilhelm Wildemann steht auf Seite 382 zu den Gründungsdaten, es gab zwei Vereine: im Unterdorf der Landwirtschaftliche Konsumverein und im Oberdorf der Bauernverein, die 1933 verschmelzten.
Diese Vereine waren keine Vorläufer der Raiffeisen. Diese griffen den von Raiffeisen publizierten Gedanken auf. Beide Vereine verschmolzen mit der Raiffeisen Baden.
Die Geschichte des Lagers für landwirtschaftliche Waren
in der Hauptstraße bei Pius Hornung
Geschichte und Heimatkunde sind Themen, denen sich die Heimatfreunde Malsch e. V. durch Publikationen und Ausstellungen widmen. Nach einem Gespräch von Rainer Walter mit Hedwig Grässer, geborene Hornung und deren Tochter Beate Kunz schrieb die Tochter nachfolgenden Bericht.
In den 1930er Jahren waren viele Mälscher Bauern in der Badischen landwirtschaftlichen Zentralgenossenschaft mit Hauptsitz in Karlsruhe organisiert, der Vorgängerin der heutigen ZG Raiffeisen. In jedem Ort gab es Vertreter der Genossenschaft, so auch in Malsch: Josef Kastner (Schwiegervater von Erwin Kraft, Hauptstraße)war der Vorsitzende, Hermann Maisch (Kronenstraße zwischen Hauptstraße und Adlerstraße) der Kassier. Für den Bedarf der Mälscher Bauern gab es im Ort mehrere Verkaufsstellen der Genossenschaft, sogenannte „Lager für landwirtschaftliche Produkte“. Diese Verkaufsstellen wurden in Malsch allgemein nur kurz „Lager“ genannt – eine Bezeichnung, die sich bis in die heutige Zeit gehalten hat. Diese Lager gab es, bis die Genossenschaft alle Verkaufsstellen in einem einzigen, großen Lager in der Richard-Wagner-Straße zusammenfasste. Viele Jahre später fand dann der Umzug von dort ins Mälscher Industriegebiet statt.
Eines dieser Lager wurde von Pius und Margaretha Hornung (geb. Seekircher) in der Hauptstraße 83 betrieben. Ihre Tochter, die heute fast 94-jährige Hedwig Grässer, erinnert sich noch gut an diese Zeit, denn die fünf Kinder mussten tatkräftig mithelfen beim Verkauf der Waren. Ganze 1%, von einer Mark ein Pfennig, durfte die Familie vom Verkaufspreis behalten, was auch für damalige Verhältnisse sehr wenig war!
Der große Holzschuppen mit Pultdach stand im Hof des Anwesens auf einem Holzpodest. Mehrere Holzstufen führten zu zwei großen Türen in zwei getrennte Räume im Schuppen.In jedem Raum gab es ein Fenster. Im rechten Raum lagerten die Säcke mit Kunstdünger, im linken Backmehl, Gerstenschrot, Sojaschrot, Futtermehl, Futtermittel für Tiere und vieles mehr. So wurde beispielsweise im Spätjahr zur Weinlesebzw. zum Mosten auch Zucker verkauft.Anfangs wurde das Mehl noch offen verkauft und mit einer Küchenwaage abgewogen, später war es in Säcken abgepackt. Im rechten Raum, beim Kunstdünger, gab es eine große, hölzerne Dezimalwaage mit Gewichten.
Im linken Raum, direkt unter dem Fenster, stand ein hölzernes Stehpult, auf dem ein großes Kassenbuch lag, in das alle Verkäufe eingetragen wurden. Feste Öffnungszeiten gab es keine, die Kunden wurden immer bedient, wenn jemand zu Hause war.
Im Frühjahr wurde mit der Bahn aus dem Raum Lörrach Kalkstickstoff angeliefert, schmutzig-schwarzes Pulver, das in Malsch schwarzer Dreck“ genannt wurde. Dieser wurde auf den großen Pritschenwagen von Landwirt Anton Reichert (Römerstraße) verladen und von ihm, Pius Hornung, Josef Kastner sowie Oskar Rastetter (Richard-Wagner-Straße) direkt ab Wagen an die Bauern verkauft. Dieser zur Düngung der Felder erforderliche Stickstoff wurde von den Bauern mit Kalisalz vermischt, das ebenfalls mit der Bahn aus Buggingen (südlich von Freiburg) in Malsch ankam. Das Düngergemisch wurd ein große, rechteckige Weidenkörbe verfüllt, die auf jeder Seite einen Henkel hatten. An der Rückseite der Körbe war Sackstoff befestigt, der bis auf den Boden herabhing, damit der Dünger einigermaßen staubfrei verarbeitet werden konnte. Die Körbe waren so groß und schwer (ca. 150 cm x 40 cm x 30 cm), dass sie von zwei Personen getragen werden mussten. Mit Stockschlägen auf den Korb wurde der Dünger auf dem Ackerboden verteilt. Das war eine sehr schwere und schmutzige Arbeit, denn das stark staubende schwarze Pulver reizte die Augen und Schleimhäute. Trotzdem mussten diese Arbeit auch oft Jugendliche verrichten, wie sich Hedwig Grässer an ihre eigenen Erfahrungen erinnert.
Eine weitere Aufgabe der Genossenschaft für die Familie Hornung war das „Bieten“. Die Mälscher Bauern hatten beim Kassier der Genossenschaft Setzkartoffeln oder anderes Saatgut (Weizen, Gerste etc.) bestellt. Sobald dieses Saatgut mit dem LKW im Lager angeliefert war, gingen die Kinder der Familie Hornung zu den einzelnen Bauern im ganzen Dorf, um zu bieten, d.h. die Bauern zu informieren, dass die von ihnen bestellte Ware da war und abgeholt werden konnte. Diese Aufgabe übernahmen die Kinder gerne, gab es dafür doch von der Genossenschaft ein kleines Taschengeld. Und seit dieser Zeit kannten sich die Kinder der Familie Hornung im ganzen Dorf bestens aus und kannten alle Einwohner!
Hedwig Grässer erinnert sich außer an das Lager in der Richard-Wagner-Straße an eine weitere Verkaufsstelle in der Weitestraße, die von Alois Ihli mit seiner Frau Therese betrieben wurde. Es befand sich neben dem Lebensmittelgeschäft von Rosa Knam, der Schwester von Oskar Knam.
Später, als die Genossenschaft das Lager vom Anwesen der Familie Hornung in die Richard-Wagner-Straße verlegte, wurde der Holzschuppen komplett abgebaut und dort wieder aufgebaut.
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