Die Heimatfreunde Malsch e.V. erzählen immer wieder Geschichte und Geschichten von ehemaligen Malscher Geschäften oder Personen. Geschichte und Heimatkunde sind Themen, denen sich die Heimatfreunde Malsch e. V. durch Publikationen und Ausstellungen widmen. Rainer Walter bekam diese Geschichte der Schneidermeisterin Katharina Rubel von Gerlinde und Mayella Rubel.
Katharina Rubel führte ein kleines, erfolgreiches Familienunternehmen.
Schon 1939 gab es Powerfrauen, die es schafften ihren Lebenstraum in dieser harten Zeit zu verwirklichen. Eine davon war Katharina Rubel, genannt „Kätter“.
Katharina Ochs wurde 1909 in Reichenbach geboren. Die Liebe zu Erwin Rubel verschlug sie in die Hauptstraße 213 im Malscher Oberdorf. Am 21.02.1931 wurde geheiratet und das Ehepaar Rubel bekam insgesamt 7 Kinder (Erwin, Anneliese, Gerlinde, Erwin, Kriemhilde, Wilhelm, Hubert). Der erstgeborene Sohn Erwin, der auf den Namen des Vaters getauft wurde, verstarb mit 4 Jahren an einer Hirnhautentzündung. So wurde dem zweiten Sohn der Familieder Name des Vaters nochmals weitervererbt. Vater Erwin Rubel arbeitete als Maschinenführer in der Papierfabrik Jäger in Malsch. Wie fast in jeder Familie in dieser Zeit gehörte die familiäre Landwirtschaft mit Kühen, Schweinen, Hasen, Hühner und die Arbeit auf dem Feld ebenfalls zu Katharinas Aufgaben. 1939 kam Wilhelm, das sechste Kind zur Welt und nur 3 Wochen später legte „Kätter“ vor der Badischen Handwerkskammer Karlsruhe ihre Meisterprüfung im Damenhandwerk zur Schneidermeisterin ab. Am 20. Juni 1939 erhielt sie ihren Meisterbrief mit Auszeichnung. Trotz der vier Kinder und eines Säuglings hatte sie ihren Traum nicht aus den Augen verloren und diesen zielstrebig verwirklicht. Und das in einer Zeit, in der die Frau sich eher um Haushalt, Landwirtschaft, Feld, Kind und Mann zu kümmern und nicht ihren beruflichen Träumen nachzugehen hatte.
Früher, wie auch heute, bestand das Handwerk einer Schneiderin aus mehr als nur dem eigentlichen Nähen. Ein korrektes Maßnehmen und Zuschneiden sowie das sachgemäße Nähen des Kleidungsstückes, waren die entscheidenden Kriterien der Arbeiten. Das Vereinen von modischen, wie auch praktischen Gesichtspunkten, machten die Kleidungstücke von Kätter sehr beliebt. Die Passform musste optimal auf die jeweilige Person zugeschnitten werden, damit sich der Kunde wohl und gut angezogen fühlte. Damals wurden, im Vergleich zu heute, sehr hochwertige Stoffe verarbeitet. Katharina bezog ihren Stoff vom Stoff-Müller in Karlsruhe. Knöpfe, Faden und alle anderen Utensilien besorgte sie sich ebenfalls in Karlsruhe bei der Firma Weick. Aus Platzgründen befand sich die Nähecke in den ersten Jahren im Wohn- und Esszimmer des Hauses. Um ungestört arbeiten zu können, passten die Schwiegereltern oder die älteren Kinder auf die junge Rasselbade auf. Nach dem Auszug der großen Kinder entspannte sich die Platzsituation und Katharina konnte sich eine Nähstube im ausgebauten Dachboden einrichten. Es wurde in jeder freien Minute gearbeitet, egal ob an Sonn- oder Feiertagen. Nur die Erträge aus Landwirtschaft, dem Lohn von Erwin und die Näharbeiten von Katharina ermöglichten es die Grundbedürfnisse der Familie zu decken. Dass die Kinder einen Teil ihres Verdienstes abgaben war damals nichts Außergewöhnliches.
Eines Sonntags stand Vater Erwin neben seiner Frau, die wieder einmal nähte und beobachtete andere Familien, die mit ihren Kindern spazieren gingen. „Einen Sonntagsspaziergang, das können wir uns nicht erlauben“, meinte er. Die vielen Kinder und die Großeltern mussten von irgendetwas leben.
Für ein Kostüm mit Rock, Bluse und Jacke verlangte Katharina 50 Deutsche Mark. Auch die Hochzeitskleider ihrer Töchter und Schwiegertöchter entwarf und nähte sie. Katharina bildete Lehrlinge aus und nahm mit ihren Eigenkollektionen an regionalen Modenschauen in Karlsruhe und Malsch teil. Die Kleider wurden zusammen mit ihrer ältesten Tochter Anneliese genäht, die sie ebenfalls zur Schneiderin ausgebildet hatte. Genauigkeit und Pünktlichkeit zeichneten Katharina aus. Die Stunden, die sie an der Nähmaschine verbrachte, wurden nicht gezählt. 1941 kam noch ein weiteres Kind, Hubert, dazu. Katharina entwarf, nähte und änderte für die Leute in Malsch. Sie war eine Frau, die ihr Handwerk beherrschte und wurde deshalb sehr geschätzt. Während sie in ihrer Nähstube arbeitete, lief grundsätzlich das Radio. Eine weitere Leidenschaft Katharinas war das Lesen. Egal, zu welchem Thema, Katharina war eine sehr belesen Frau. Sie wusste über alles Bescheid. Wie diese Frau auch noch die Zeit fand um Bücher zu lesen, bleibt ein Rätsel.
Katharina Rubel schaffte es Beruf, Haushalt, Landwirtschaft und Familie unter einen Hut zu bekommen. 1979 verstarb sie im Alter von 69 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung. Eine bewundernswerte Frau, die ihren Traum verwirklicht hatte und noch vielen alten Mälschern im Gedächtnis ist. „Die Kätter ist eine Meisterin ihres Handwerks“.