Die Heimatfreunde Malsch e.V. erzählen immer wieder Geschichte und Geschichten von ehemaligen Malscher Geschäften. Geschichte und Heimatkunde sind Themen, denen sich die Heimatfreunde Malsch e. V. durch Publikationen und Ausstellungen widmen. Rainer Walter und Günter Heiberger erfuhr bei einem Interview mit Maria Zimmer und ihren drei Söhnen die Geschichte der Tankstelle Zimmer in Neumalsch.
Im Gasthaus Kreuz, wie gegenüber im „Bären“, in Neumalsch befand sich bis Ende des 19. Jahrhunderts eine Postkutschenstation. Damals fertigte die alte Neumalscher Familie Zimmer mit einer transportablen Schmiede für die Postpferde Hufeisen an. Sie lebten vorrangig von selbst angebauten landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Vor dem 1. Weltkrieg nahm der Kraftfahrzeugverkehr an der neuen Bundesstraße (B 3) immer mehr zu. Die Witwe Marie Zimmer (geb. Juni 1881 - vers. 7.2.1965) erkannte in den 1920er Jahren den stetig steigenden Bedarf an Benzin. 1924 gab es im Deutschen Reich 130.000 PKW´s, 1930 schon eine halbe Million. Sie eröffnete vor ihrem Wohnhaus, das spätere Hotel „Schwarzwaldpforte“ eine kleine Tankstelle mit einem 50 Liter Benzinfass. Das Benzin wurde mit einer Handpumpe in eine Messeimer gepumpt und dann in den Fahrzeugtank geschüttet. Wurde Mischung benötigt, fügte sie die benötigte Menge Öl dazu und verrührte dies mit einem Holzstab. Zusätzlich verkaufte sie an ihre Kunden selbst gemachtes Eis.
1928 errichtete die Firma „Dabolin“ vor dem Wohnhaus eine moderne Handzapfsäule mit unterirdischem Tank. 1939 übernahm die Firma „ESSO“ von der Firma „Standard“ die Treibstoffbelieferung.
Der Sohn Ludwig (25.09.1915 – 17.01.2002) übernahm nach seiner amerikanischen Kriegsgefangenschaft als gelernter KFZ-Meister den Betrieb. Er machte eine Mechaniker-Ausbildung vom 1.04.1931 bis
01.04.1934 bei Auto-Fütterer in Rastatt. Den Kfz-Meister-Brief erhielt er am 15.03.1940. Er reparierte Motorfahrzeuge in seiner kleinen angebauten Werkstatt. Ludwig Zimmer heiratete am 30.12.1941
seine Frau Maria-Theresia Bechler, geboren am 30.01.1922, Tochter des Schreiners Ignaz Bechler und Ottilie, geborene Geiger. Sehr häufig betankte seine Frau die Fahrzeuge incl. Scheibenreinigung,
Reifendruckprüfung usw. Bei häufigen Preisänderungen musste Ludwig Zimmer mit einer Leiter die Änderungen an den großen Tafeln vornehmen und die Zapfsäulen wurden manuell umgestellt.
Als Rainer Walter 1965 einmal zum Tanken kam hatte Ludwig Zimmer gerade an der Zapfsäule den Preis erhöht. Er hat für Rainer den Preis noch einmal ermäßigt.
Die Autobahn wurde 1955 gebaut. Vorher lief der Nord-Südverkehr über die B3. Da der Treibstoffbedarf in den 1950er Jahren immer mehr zunahm, entschloss sich Familie Zimmer 1951 neben ihrem
Wohnhaus eine neue Tankstelle ohne Dach mit Waschhalle und Werkstatt zu bauen. Die Diesel-Zapfsäule war wegen der LKW ca. 30 Meter neben den Benzin-Zapfstellen angebracht.
Als eine Karlsruher Firma ein gebrauchtes Tankstellendach anbot, wurde dies in Eigenarbeit abgebaut und in Neumalsch wieder aufgebaut. Dieses Dach befindet sich heute über der Zens-Tankstelle in
Bietigheim.
Anfang der 1970er Jahren wurde die ESSO-Tankstelle auf Selbstbedienung umgestellt.
Am 15.12.1993 wurde die Tankstelle von einer Person überfallen. Ludwig Zimmer nahm einen bereitgestellten Holzprügel und vertrieb den Verbrecher.
Im Hardtwald arbeiteten häufig Holzfäller, die zum Tanken kamen. Hatten aber kein Geld und übergaben ihre Motorsägen als Pfand für das Benzin. Tage später wurden die Sägen ausgelöst.
Als Ludwig Zimmer fast 75 Jahre alt war hat seine Familie die Tankstelle an eine Familie Kohler aus Oberweier (Rastatt) verpachtet. 1994 wurde sie an „Total-Elf“ vermietet. Diese Firma errichtete
eine automatische Waschanlage. 1997 verlegte „Total-Elf“ seine Tankstelle auf die gegenüberliegende Straßenseite und machte die alte Tankstelle zu. Die unterirdischen Tanks wurden abgebaut.
Altlasten im Boden wurden geprüft, jedoch keine festgestellt.
Die bestehenden Gebäude wurden von den Söhnen der Familie Zimmer übernommen.
Auf dem Gelände befindet sich heute ein Gebrauchtwagenhandel.
Rainer Walter