Seit 1075 eine Kirche zu Malsch
Ein Diskussionbeitrag zur frühen Malscher Kirchengeschichte
„Im Jahre 1065, im achten Jahr der Regierung Heinrichs IV., wurde diese Schenkung von sechs Hufen gemacht, die der getreue Verwalter Gottes Abt Samuel aus eigenem Zins gekauft und an die Altäre des Hl. Erlösers und der Hl. Mutter Gottes geschenkt hat, um in gewöhnlichen Nächten das Licht anzuzünden.
Aus denen ergeben sich die vier, die in Bickesheim liegen, vier Unzen und zwei Spulen Hanf, die eine in Malsch zwei Unzen und eine Spule Hanf. Eine in Waldprechtsweier ergibt drei Unzen, die an den Festtagen des hl. Serginus und Bachus alle neun darzubringen sind“…..
Mit diesem Text erfahren die Dörfer Malsch und Waldprechtsweier ihre erste urkundliche Erwähnung und treten heraus aus dem Dunkel der Geschichte.
...im Jahre 1065…, seit nunmehr 941 Jahren also wissen wir eindeutig von der Existenz unseres Dorfes und wir erfahren, dass Kloster Weissenburg/Elsaß Besitz im Ort hatte. Wie viel wissen wir nicht. Auch wird uns verschwiegen von wem Abt Samuel diese Hufen (Höfe) erworben hat
Keineswegs war also das gesamte Dorf im Besitz des Klosters. Das soll aber wiederum nicht heißen, dass Weissenburg in noch früherer, vielleicht karolingischer Zeit (um 800), vollständig Eigentümer von Dorf und Mark gewesen war. Doch offensichtlich hatten sich bis zum Jahre 1065 die Besitzverhältnisse zu Ungunsten des Klosters verändert.
Malsch und sein Ausbauort Waldprechtsweier lagen damals im fränkischen Verwaltungsbezirk des Ufgau.
In der Zeit, als .der Salier Heinrich IV. das Reich regierte, erlebt auch unser Dorf einige Veränderungen. So wird es um das Jahr 1100 Sitz eines Adelsgeschlechts, der Herren von Malsch, die zu dieser Zeit Inhaber des Grafenamtes und somit oberster Verwalter dieses Gaues waren. Malsch war an der Wende vom 11. zum 12. Jhd. sowohl Grafensitz als auch Gerichtsort in einem.
Von diesem König und Kaiser sind uns einige, auch Malsch berührende Urkunden überliefert, so dass wir uns kurz mit dieser Herrschergestalt beschäftigen wollen. Man nannte Heinrich IV., er starb 1106, vor also 900 Jahren, oft den „unglücklichen Kaiser“ oder er wird als „Kaiser, Kämpfer und Gebannter “ bezeichnet.
Geboren wurde Heinrich am 11. November 1050, vermutlich in der Königspfalz von Goslar. Sein Vater Heinrich III., seiner dunklen Haare wegen „der Schwarze“ genannt, regierte ein Reich, das sich von der Elbe bis zum Tiber erstreckte. Staat und Kirche hatte er fest im Griff.
Die Mutter Heinrichs IV., Agnes von Poitou, war eine, der Kirche ergebene Frau und sollte später für den noch unmündigen Sohn die Leitung des Reiches übernehmen wobei sie nicht immer glücklich agierte. Sie hinterließ, der momentanen Befriedung willen, ihrem Sohn manches Problem mit den auf Vergrößerung ihre Hausmacht erpichten Großen des Reiches (Hochadel; Markgrafen und Erzbischöfe) hinterließ.
Im altehrwürdigen Dom zu Aachen wurde der gerade Vierjährige, der Tradition entsprechend,
Maifestes zur Rheininsel Kaiserwerth kommt, sind viele der Großen des Reiches dort versammelt. Auch Anno, der Erzbischof von Köln ist mit einem prächtig aufgeputzten Schiff gekommen. Man lädt den jungen Heinrich ein, das Schiff zu besichtigen, doch kaum hat er es betreten, werden die Leinen losgemacht und das Gefährt legt ab. Der König wittert die Gefahr, glaubt an einen Mordanschlag und stürzt sich in den eiskalten Rhein. Mit Mühe wird er gerettet und zurück an Bord gebracht. Am Ufer steht die fassungslose Mutter, beklagt die Entführung und unternimmt nichts. Das Schiff fährt mit dem König nach Köln. Die Reichsinsignien folgen unmittelbar nach, man hatte sie planvoll aus der königlichen Kapelle gestohlen. Anno übernimmt die Vormundschaft über Heinrich.
Kaiserin Agnes resigniert, überlässt ihren Sohn seinem weiteren ungewissen Schicksal und geht nach Rom um dort den Schleier zu nehmen.
Eine andere, bis heute noch lebendige Episode aus dem Leben Heinrichs ist der berühmte „Gang nach Canossa“.
Worum ging es bei diesem Streit der unter dem Namen „Investiturstreit“ (Investitur= Einsetzen der Bischöfe) in die Geschichte einging?
Bisher waren die Bischöfe vom König eingesetzt worden, was sie somit zum Reichsfürsten mit reichem Grundbesitz machte. Mit der Investitur der Bischöfe durch den König schuf sich dieser mit der Reichskirche treue Verbündete. Auch fielen deren Lehen nach dem Tode des ehelosen Eigentümers wieder an ihn zurück und konnte neu vergeben werden. Eine Aufgabe dieses Privilegs hätte den König noch mehr in die Abhängigkeit des Adels gebracht, der stets eifersüchtig darauf bedacht war, die Königsmacht zu beschneiden.
Der neue Papst, Gregor VII. (1073 -1085) bestritt nun dieses Vorrecht und beanspruchte es für den Heiligen Stuhl.
Dadurch bildeten sich innerhalb des Adels wie auch innerhalb der Kirche zwei Lager, mit allerdings oft wechselnden Fronten.
Der im Verlauf des Investiturstreites über Heinrich IV. ausgesprochene Kirchenbann war ganz im Sinne der auf größtmögliche Unabhängigkeit vom König bedachten Reichsfürsten, der aber tapfer und unbeirrt für das Königtum und seine überkommenen Rechte stritt.
Um die Loslösung vom Kirchenbann zu erreichen zog der König mit seiner Familie und kleiner Gefolgschaft im bitterkalten Winter 1076/77 über die Alpen und traf in der Burg Canossa auf den Papst der ihn vom Bann lossprach. Damit hatte Heinrich seine politische Handlungsfähigkeit zurück gewonnen.
Die letzten Lebensjahre Heinrichs wurden überschattet von Auseinandersetzungen mit seinen Söhnen. Konrad fiel von ihm ab und auch sein zweiter Sohn, der spätere König Heinrich V. hatte sich ab 1104 der Fürstenopposition angeschlossen und setzte den Vater ein Jahr später auf der Burg Böckelheim an der Nahe fest. Doch Heinrich kann entfliehen und fast scheint es, als könnte er das Blatt erneut wenden.
offiziell zum König des deutschen Reiches gekrönt.
Ein Jahr darauf, an Weihnachten 1055, wurde seine Verlobung mit Bertha von Turin, in der Nähe von Zürich gefeiert. Eine Vielzahl von Eindrücken bewegen in diesen Jahren den heranwachsenden König.
Er erlebt Aufstände in Sachsen und Franken. Ein Mordanschlag auf das Leben des Siebenjährigen wird durch einen Zufall verhindert. Intrigen, Untreue und Betrug am Hof machen ihn misstrauisch.
Eine Verschwörung plant im Frühjahr 1062 die Entführung des Königs, um so direkten Einfluss auf ihn nehmen zu können. Als die Kaiserfamilie zur Feier des
Die kaiserlichen Truppen
bringen Heinrich V. eine schwere Niederlage bei. Doch bevor es zu einer Entscheidungsschlacht kommt, stirbt Heinrich IV. in Lüttich, es ist der 7. August 1106. Als er sein Ende nahen fühlte,
schickte er Ring und Schwert durch die feindlichen Linien zu seinem Sohn, gibt ihm noch seinen väterlichen Segen und bittet um Vergebung für alle die zu ihm gehalten haben.
Ein großer deutscher Kaiser hatte „ein stürmisches Reich gegen ein stilles, ein vergängliches gegen das ewige, ein irdisches gegen das himmlische“
eingetauscht. (Vita)
Nach dieser, zugegebener Maßen sehr gestrafften Lebensbeschreibung Heinrichs IV., wollen wir versuchen, eine Bogen zu spannen von dessen Reichspolitik in unser Dorf.
Betrachten wir die Urkundenlage, so finden wir mehrere, für unsere Heimat recht bedeutende Dokumente aus dieser Zeit, sogenannte Königsdiplome, d.h. in der Kanzlei Heinrichs ausgestellte und von ihm abgezeichnete und besiegelte Urkunden.
„Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Heinrich durch göttliche Gnade König. Der Eifer aller jetzigen und auch der zukünftigen Gläubigen der heiligen Kirche Gottes möge erfahren, dass in unserem Reich in der Provinz, die das deutsche Franken heisst, im Bistum Speyer im sogenannten Würmgau in der Grafschaft Ingersheim in einem Wald, der der Schwarze heisst, an einem Fluß namens Nagold ein gewisses Mönchskloster gelegen ist, das Hirsau oder Kloster des heiligen Aurelius genannt wird, in dem dieser Heilige auch leibhaftig ruth“….
So beginnt, aus dem Lateinischen übersetzt, eine dieser Urkunden, das Diplom Nr. 280 Heinrichs IV.
Es handelt sich um ein äußerst interessantes und für die Belange der Heimatforschung sehr aufschlussreiches Dokument. Es wurde ausgestellt zu Worms am 9. November 1075 und dort vom König bestätigt.
In dieser Urkunde, sie ist auch bekannt unter dem Begriff „Hirsauer Formular“, werden, vereinfacht ausgedrückt, die Rechte und Pflichten des neu gegründeten und sich im Wiederaufbau befindlichen Klosters Hirsau im Nagoldtal und denen des Grafen Adalbert von Calw, des Stifters, formuliert.
Ganz am Ende eines recht umfangreichen Textes steht der Vermerk, dass die Kirche zu Malsch aus den Händen des Grafen von Calw in jene des Klosters Hirsau gehen soll.
Nun ist man einigermaßen überrascht, hatte man doch erwartet, dass das Kloster Weissenburg/Elsaß der Dorf- und Kirchherr von Malsch sei. Doch nichts von alledem. Kirchherr zu Malsch waren die
Herren von Calw, und nicht nur das, auch weiterer Besitz dieses Adelsgeschlecht in Malsch kann man feststellen. Einer Handschrift zufolge, dem Codex Hirsaugiensis, übergibt die Calwer
Grafenfamilie zwei Höfe in Malsch an die Klosterleute von Hirsau.
Folgendes können wir festhalten: Im Jahre 1075 hatte das Haus Calw Besitztümer in Malsch und
offensichtlich war die Kirche ganz in ihrem Besitz, was wiederum auf eine Gründung durch sie schließen lässt.
Nun stellt sich natürlich die Frage: um welche Kirche handelt es sich in dieser Urkunde?
Geht es um Vorgängerbauten von St. Peter, der heutigen Friedhofskapelle oder um St. Cyriak, der Pfarrkirche? Gab es gar eine zweite Pfarrei am Ort?
Wenn St. Cyriak eine Gründung der Grafen von Malsch um das Jahr 1100 ist, worauf vieles hindeutet, kann nur St. Peter gemeint sein.
Einen weiteren Anhaltspunkt dazu liegt in Gestalt des uralten Tympanon (Giebelfeld) begründet, welches sich an der Westseite der Friedhofskapelle befindet.
In den beiden Jahren, die inzwischen vergangen sind, bemühte ich mich, mehr über stilistische Merkmale des Reliefs in Erfahrung zu bringen. Ebenso habe ich versucht, herauszufinden, in welchen möglichen Zusammenhang dieses Tympanon zur frühen Kirchengeschichte von Malsch zu bringen ist.
Eine große Hilfe fand ich in den Aussagen von Dr. Peter Marzolff, nach dessen Ansicht das Relief aus dem frühen 12. Jhd. stammen dürfte und durchaus stilistische Ähnlichkeiten mit dem bekannten Eulenturm von Kloster Hirsau aufweist. Zu dieser Zeit war das Kloster dabei, den nördlichen Schwarzwald zu missionieren („Zeit der hirsauischen Aufrüstung des offenen Landes“).
Wenn Kloster Hirsau in den Besitz der Malscher Kirche kommt, so ist es auch nahe liegend, dass das Tympanon sehr wohl hirsauischen Ursprungs ist.
Hatte man bisher die Malscher
St. Peterskapelle in Beziehung zu St. Peter und Paul von Kloster Weissenburg gebracht so drängt sich eine vielleicht noch stärkere Verbindung zu einer anderen Kirche St. Peter und Paul, nämlich
jener von Hirsau auf, die, genau wie das Malscher Tympanon, ebenfalls um das Jahr 1100 entstand.
Hier soll zur frühen Malscher Kirchengeschichte nicht mehr als ein erster Hinweis gegeben werden, der noch weiter verfolgt werden müsste. So bedarf es z.B. noch weiterer Nachforschungen, in
welchem Verhältnis Kloster Weissenburg und die Calwer Adelsfamilie standen; oder wie kamen die Calwer zu Besitz in Malsch etc.?
Leider ist, vom Standpunkt der Archäologie betrachtet, unser Malsch „terra incognita“ (= unbekanntes Land), von dem wir kaum etwas wissen, von dem uns keine Fundstücke überkommen sind, welche es ermöglichen würden, weitere Folgerungen oder Erkenntnisse zur Ortsgeschichte des Mittelalters zu gewinnen.
Was verbirgt sich noch unter dem Kirchenhügel von St. Cyriak oder welche Art von Vorgängerbauten befindet sich im Bereich der St. Peterskapelle?
Wird man es in Zukunft besser machen und sorgfältiger und respektvoller mit unser aller Vergangenheit umgehen?
Wir wollen unseren Teil dazu beitragen und so bemühen wir uns seit geraumer Zeit nach Kräften ein wenig die Geschichte unserer Burg Waldenfels in den Spielfinken zu erhellen, die Mauerreste, Trümmer und Gräben zum Sprechen zu bringen und all dem, was sich dort auf dem Burggelände noch planlos darstellt, ein Gesicht zu geben.
Über unsere Aktivitäten und unsere Pläne für die Zukunft der mittelalterlichen Burg Waldenfels wollen wir sie demnächst unterrichten.
Gerhard Bullinger