Ehrenbürgerschaft von Herrn Pfarrer Anton Böhe
Nachdem das Thema Ehrenbürgerschaft von Pfarrer Anton Böhe immer mehr für Diskussionsstoff in der Gemeinde sorgt und auch von der Presse aufgegriffen wurde, werden die Heimatfreunde immer wieder dazu angesprochen. Unsere Aufgabe ist es, Malscher Zeitgeschichte zu dokumentieren und für die Nachwelt zu bewahren.
Der Vorstand unseres Vereins ist der Meinung, dass die Aufarbeitung obiger Problematik durch die politischen bzw. kirchlichen Institutionen erfolgen sollte. Wir hoffen, dass eine unaufgeregte und sachlich korrekte Beurteilung aller Argumente erfolgen wird.
Stand: 06.06.2023
Nähere Informationen zum Impuls und Maßnahmen im Fall Böhe Gemeinderatssitzung (21.3. 2023).
Da zum Zeitpunkt April 2023 der Vorgang, sowie der Bericht der Untersuchungskommission im Falle von Pfarrer Böhe abgeschlossen waren, dem Gemeinderat vorgelegt und über die Handhabung der Ehrenbürgerschaft und -rechte desselbigen in diesem Gremium entschieden worden ist, besteht im Folgenden die Möglichkeit sich über die aufgeführten Links mit dem Bericht der Untersuchungskommission sowie einiger Presse- und Medienveröffentlichungen eine Übersicht zur Lage zu verschaffen. Die Auswahl erhebt hierbei nicht den Anspruch auf Vollständigkeit aller in diesem Zusammenhang erstellten Veröffentlichungen und sie bezieht bewusst keine Parteilichkeit.
Es bleibt festzustellen, dass auch 2023 keine einheitliche Meinung unter der Bevölkerung in Malsch zu A.Böhe besteht. So wird sowohl die Bewertung seines pädagogischen Vorgehens als auch seine Impulse in der kirchlichen Bautätigkeit und seine öffentlich vertretenen moralischen und politischen Ansichten sehr unterschiedlich be- und gewertet, z.T. vor dem jeweils herrschenden zeitimmanenten Zusammenhang. Dass es zu handgreiflichen Übergriffen im Rahmen seiner Unterrichtstätigkeit kam, die z.T. weit über das den Pädagogen zuerkannte Züchtigungsrecht hinausgingen, steht hierbei außer Zweifel.
Über Vorgänge, Schilderungen durch Betroffene und Zeugen liegt ein anonymisierter Bericht der Untersuchungskommission vor und kann eingesehen werden (s.o.). Ebenda werden auch die Gründe für das 30 Jahre andauernde „Beschweigen“ der bekannten Umstände dargelegt.
In der Gemeinderatssitzung vom 21.03.2023 wurde unter Tagesordnungspunkt 2 die Aufklärung und Aufarbeitung der Vorwürfe gegen den Malscher Ehrenbürger Pfarrer und Geistlicher Rat Anton Böhe (1914-1998) und Entscheidung im Kontext mit der Verleihung des Ehrenbürgerrechts bzw. der Verleihung eines Straßennamens behandelt. Die von der Gemeinde zugrunde liegende Vorlage sowie der Abschlussbericht von Herrn Dr. Clemens Rehm vom 05.03.2023 können Sie hier einsehen.
Stand: Juli 2023
Die Ehrenbürgerschaft von Pfarrer Anton Böhe wurde auf die Verfehlungen während seiner Amtszeit mit einfacher Mehrheit durch den Gemeinderates aberkannt.
Das Portraitfoto von Anton Böhe wurde aus der Ehrengalerie im Rathaus entfernt. Ferner sollen alle Verweise auf seine Ehrenbürgerschaft getilgt werden.
Ich habe es nie bereut, Priester geworden zu sein
Anton Böhe wurde am 23.Januar 1914 als viertes Kind der Eheleute Paula und Julius Böhe in Krauchenwies bei Sigmaringen geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er mit seiner Schwester Emma und seinen zwei Brüdern Willi und Julius in Nenzingen bei Stockach. Hier war sein Vater, Julius Böhe, als Stationsvorstand bei der Bahn, hin versetzt worden.
Im Jahre 1924 wechselte der junge Anton in die Bürgerschule nach Stockach (vier Klassen Lehrplan der Realschule), die er erfolgreich im Jahre 1928 verließ. Für das Erreichen des Abiturs ging er im gleichen Jahr in das Gymnasium nach Konstanz, das er 1933 ebenfalls erfolgreich abschloss. Betrachtet man aus dem vorliegenden Zeugnisheft vom Gymnasium seine sehr guten Noten, so war seine theologische Berufung doch schon zu erkennen. Neben den Fremdsprachen Latein, Griechisch, Hebräisch und Französisch bestach Anton Böhe auch in dem Fach Religion. Am 16. Mai 1934 wurde Anton Böhe für das Theologiestudium an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg aufgenommen. Am 17. Dezember 1939 erhielt er die Priesterweihe. Seine Primiz feierte er in seiner Heimatgemeinde Nenzingen.
Die unheilvolle Zeit des zweiten Weltkrieges machte auch vor dem jungen Priester nicht Halt. Nach dem Wehrdienst kam er bei seinem Einsatz in Russland in Gefangenschaft. Auf seinem langen Weg zurück in die Heimat, war er im April 1945 als Priester in Neuenburg bei Wien tätig. Aus einer vorliegenden Bescheinigung geht hervor, dass er gemäß der Weisungen des Oberkommandos der Roten Armee in seinem Dienst in der eigenen Pfarre wie in anderen Pfarren nicht zu behindern sei.
Zurück in Deutschland begann er sein priesterlichen Wirken als Vikar in Heiligenzell, Steinbach i.K., Kollnau und Bühlertal. Am 5. März 1952 trat er in Malsch die Nachfolge von Pfarrer Karl-Ludwig Riehle an und wurde am 18. Mai des gleichen Jahres auf diese große Pfarrei investiert.
Erzbischof Herrmann Josef Schäufele ernannte ihn am 22.01.1974 zum Geistlichen Rat ad honorem. Nach 33 Jahre als Pfarrer von Malsch, unterstützt in dieser Zeit von 22 Kaplänen, ging er am 1.08.1985 in den wohlverdienten Ruhestand.
Bleibende Zeugnisse seiner Arbeit in der gesamten Pfarrei Malsch ist der Neubau der Kirche St.Ignatius in Sulzbach, der Bau des Pfarrhauses und die Renovation von St.Michael in Waldprechtsweier, in Malsch der Neubau der Kirche St.Bernhard in der“ Neuen Heimat“ und die Renovation der Kirche St.Cyriak.
Für sein unermüdliches Wirken als Priester in unserer Gemeinde, ernannte ihn der Gemeinderat im Mai 1982 zum Ehrenbürger. Für eine kurze Zeit nach seiner Pensionierung wohnte er noch in unserer Gemeinde, bis es dann krankheitshalber in das Albert-Stehlin-Haus in Ettlingen umzog, wo er auch am 05.12.1998 verstarb. Seine letzte Ruhestätte ist auf dem Friedhof in Malsch.
Familie Böhe mit Kindern: Paula, Julius sen., Julius, Emma und Willi (hinten), Anton (vorne)
Primiz Anton Böhe mit Primiz-Braut
Primizen wurden bis ins 20. Jhd, ähnlich wie Hochzeiten gefeiert. Der Neupriester zog von seinem Elternhaus in einer kleinen Prozession zur Kirche. Eine "Primizbraut" trug eine "Primizkrone" voraus. Dem Primizsegen wurden wundertätige Folgen zugeschrieben.