Der „Sternen“ gehörte auch zu den „alten“ Malscher Wirtschaften, wenn auch nicht zu den ganz alten. Bereits 1695 bewarb sich der Malscher Bürger Hans Philipp Maier um das Schildrecht für sein neugebautes Haus, Ecke Ettlinger- und Dorfstraße. Und dies mit Erfolg, denn die Schildgerechtigkeit wurde ihm vom zuständigen Amt dann auch erteilt, trotz heftigen Widerspruchs der schon vorhandenen anderen Wirte.
Die später folgenden „Kastner“ gaben erst 1889 nach 160 Jahren Familientradition die Wirtschaft auf, um dann nur noch (bis auf den heutigen Tag) ihre in der Nähe neu erbaute Metzgerei zu betreiben.
Die Zeit nach der „Ära Kastner“, also nach 1899: Doch was unmittelbar danach geschah, bleibt für trotz vieler Recherchen weitgehend im Dunkeln. Mit Sicherheit weiß man, dass das Ehepaar Eugen und Lina Harlacher, die späteren Adlerwirts, wenn auch nur für kurze Zeit, den „Sternen“ bewirtschaftete, so etwa bis Ende 1938. Der Sohn Eugen wurde in der „Sternen-Zeit“ der Harlachers geboren. Anschließend folgte dann wieder nur für ganz kurze Zeit ein Ehepaar Heck. Zeitzeugin Mathilde Bechler, geb. Karcher, konnte dies bestätigen, denn die Hecks sind nach der Zeit im „Sternen“ bei den Karchers in der Durmersheimer Straße eingezogen.
Karl Weingarten erinnert sich:
„Mein Großvater Thomas Geiger, äm Egide sei Sohn, war von 1910 bis 1915 zusammen mit seiner Frau Frieda, geb. Neukert, auch auf dem Sternen, wobei unsere Oma im Jahre 1915 allein die Wirtschaft betreiben musste, da ihr Mann bis zu seiner Verwundung als Soldat im Krieg war. Nach dem Krieg war unser Opa bei der Gemeinde als Feldschütz beschäftigt. Da er aber schon immer ein „Rossbauer“ war und sogar eine richtige Kutsche besaß, verdiente er sich nebenbei mit dieser noch etwas Geld dazu. So bot er an, Menschen per Kutsche nach Karlsruhe, aber auch nach Baden-Baden, zu fahren. Das konnte sich damals nur die Malscher Prominenz leisten. So denkt mir noch gut, dass zu seinen Kunden auch Karl Stockmaier gehörte.“
Mehr Informationen sind aus der Zeit von 1899 bis 1938 vorhanden. Um so erfreulicherweise aber war die Resonanz auf der Suche bezüglich der Zeit danach, also ab etwa 1938.
Das Ehepaar Eugen und Berta Knam zog auf den „Sternen“ auf. In dem großen Haus hatten damals aber auch noch einige Familien Platz, wie die Buhlingers mit Sohn Edwin (s`Geggorles), ans Hettels, die Familien Klein, Kunz und Reiter.
Der „Sternen“ war damals ein allseits beliebtes Lokal, vor allem auch für Gäste, die zur „Sperrstunde“ nicht gleich heimgehen wollten. Für diese gab es hinnädrinn eine kleine Extrastube, den damaligen Ortspolizisten Hernorhonsl unn Mucks-Alwies nicht bekannt (oder doch ?). Ein ideales Nest für Kartenspieler! Bis der Krieg begann.
Doch nach 1945 kam auf das Gasthaus fast über Nacht eine ganz andere, neue Aufgabe zu. Plötzlich gab es in Malsch über 1300 Vertriebene und Flüchtlinge aus den Ostgebieten. Und diese mussten damals nicht nur schnell untergebracht werden, sondern brauchten auch einen Raum, ein Haus, wo sie sich treffen, versammeln und organisieren konnten.
Und dazu bot sich der „Sternen“ geradezu an, zumal das Ehepaar Knam 1948 die Bewirtschaftung aufgab und das Ehepaar Seidel - aus dem Sudetenland vertrieben - den „Sternen“ übernahm.
1946 war für Alt-Malscher ein ganz besonderes Jahr. Da wurden, sozusagen über Nacht, über 1300 Menschen nach Malsch eingewiesen. Einige davon waren gerade noch rechtzeitig geflohen, die meisten von ihnen aber waren Vertriebene aus ihrer seit langer Zeit angestammten Heimat in Jugoslawien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und der Tschechei. Und dies bloß, weil sie Deutsche waren und sich zu ihrem Deutschtum auch bekannten.
Dabei durften sie so gut wie nichts von ihrem Hab und Gut mitnehmen, nur was sie am eigenen Leib trugen und (manchmal) in eine erlaubte Holzkiste passte.
Das damalige Elend und Leid haben die Heimatfreunde e.V. in einer besonderen Ausstellung aufzeigen.
Was hat dies alles mit dem Thema „Alte ehemalige Malscher Wirtschaften“ zu tun?
Schon zu Zeiten der Wirtsleute Knam trafen sich Flüchtlinge, wie sie bei uns in Malsch allgemein genannt wurden, immer wieder im „Sternen“. Nachdem die Eheleute Franz und Josefa Seidl, selbst Vertriebene aus Südmähren, 1948 die Wirtschaft übernommen hatten, entwickelte sich das Lokal rasch zu einem Zentrum für die Vertriebenen aus allen Regionen, zu einem Ort, wo man sich traf, sich organisierte, sich wohlfühlte, also zu einer Art zweiten Heimat. Für entsprechende Stimmung sorgte Tochter Hermine immer wieder mit ihrer Handharmonika durch Lieder aus der Alten Heimat. Die Seidls, er gelernter Metzger und sie eine hervorragende Köchin, investierten viel in das Lokal, mussten auch Schulden machen, was vor allem Franz Seidl bedrückte. Er verstarb zwei Jahre später.
Die Witwe Josefa gab nicht auf und heiratete 1952 noch einmal, den Josef Leopold. Auch er stammte aus der Heimat der Seidls. Die beiden betrieben dann den „Sternen“ noch bis 1962.
Für die Integration der Neubürger mit der Malscher Bevölkerung gingen damals vom „Sternen“ viele Impulse aus, waren doch Malscher Volksmusiker (wie z.B. dä Alo vun dä Nei Olag, dä Fauthä Sepp vun dä Hohl unn dä Kraftä Helmut vum Soubuggl), aber auch die Wienorle vum Würths Paul, die Salzstängle vum Dietzäbeck unn dä Wei / Moschd vum Vielsäcker Josef für beide Seiten verbindende Faktoren.
Schon am 1. Januar 1963 zogen neue Pächter, das Ehepaar Hermann und Emilie Hitscherich, er aus der Rosenstraße kommend (ein Sohn vom Hitscherich-Schütz) und sie von Kuppenheim stammend, auf den „Sternen“ auf. Ganz unerfahren waren ja beide nicht mehr, hatten sie doch vorher schon oft, besonders in Fastnachtszeiten, reichlich Erfahrung durch Mithilfe draußen im „Kreuz“ bei Hermanns Schwester Veronika und Schwager Alois Hornung sammeln können.
An Werktagen war Hermann zwar in einem Betrieb in Kuppenheim-Oberndorf beschäftigt, doch an den Wochenenden war er als Wirt voll in seinem Element, meist hinter der Theke, während Emilie um das leibliche Wohl der Gäste besorgt war. Sie war eine ausgezeichnete Köchin, besonders, was die „einfachen“ Dinge wie Saure Nierle und dergleichen betraf. Ihre Abo-Essen waren damals fast ein Renner, vor allem aber preiswert.
Ihre beiden Töchter halfen auch tatkräftig mit, besonders an Wochenenden und in Hochbetriebszeiten. Bis die Mädchen dann heirateten. Sie unterstützten ihre Eltern zwar immer noch, so gut es ging. Aber irgendwann wurde die Wirtschaft für die „Alten“ doch zuviel. Und so kündigte Hermann Hitscherich schweren Herzens den Pachtvertrag im Sommer 1966.
Danach, also nach 1966, zogen die beiden wieder in ihr eigenes Haus in Neumalsch ein.
Hermann starb, 87 jährig, 2002. Emilie zog zu Ihrer Tochter Doris nach Rastatt.
Nach 1966 geschah im „Sternen“ nicht mehr viel. Es zog zwar noch einmal ein Ehepaar Lewiki als Pächter auf, aber nur für kurze Zeit. Schließlich wurde das gesamte Anwesen vom Eigentümer Ludwig Kastner an den „Coop“ Supermarkt verkauft, aber bald danach abgerissen.