Der Heerweg Die Heerweghohl, (k)ein Relikt aus römischer Zeit?
Würde uns ein Fremder die Frage stellen: „Waren eigentlich auch schon die Römer in Malsch sesshaft?“, so würde er wahrscheinlich folgende Antwort erhalten: „Vermutlich ja, schließlich führte ja ihre Heerstraße quer durch den alten Ortskern. Deren Trasse kann man heute noch am Heerweg und der Römerstraße erkennen.“
In der Tat geht man in Malsch davon aus, dass die alte römische Straße von Baden-Baden nach Ettlingen über Heerweg, Dr.-Eugen-Essig-Straße, Friedhofstraße, Hauptstraße, Römerstraße, Friedrichstraße und Sulzbacher Straße führte. Ja, vor 150 Jahren vermutete der Heimatforscher Mone gar ein römisches Heiligtum auf dem Kirchhügel, wo die vorbeiziehenden Soldaten ihren Göttern opferten.
Doch können diese Thesen auch belegt werden?
Dass diese Frage durchaus berechtigt ist, erkennt man schon daran, dass das kurze Stück Römerstraße zwischen Friedrich- und Hauptstraße eine neuzeitliche Wortschöpfung ist. Lore Ernst erwähnt nämlich in ihrer Dorfgeschichte, dass die Römerstraße wahrscheinlich einst „Comengass“ genannt wurde, was nicht etwa auf die alten Römer, sondern vielmehr auf den Familiennamen „Kohm“ hindeutet. Zudem hatten die Alamannen, nachdem sie die lästigen Römer im Jahr 259/60 n. Chr. aus dem Dekumatland (Gebiet zwischen Rhein und Limes) vertrieben hatten, bestimmt alles andere im Sinn, als ihren Widersachern eine Straße zu widmen.
Und wie verhält es sich mit dem Heerweg?
Zunächst ist festzustellen, dass seine Schreibweise in den Karten seit jeher zwischen „Heerweg“ und „Herrenweg“ variiert, wenngleich dies für die Interpretation sehr wohl einen Unterschied darstellt. Vielleicht könnte uns ja die Mundart die Entscheidung erleichtern! Diese bringt jedoch im Gegenteil noch ein weiteres Wort ins Spiel: Neben „Heerweg“ existiert auch die Version „Hierweg“ (Hühnerweg). Von einem „Herrenweg“ ist allerdings in der Mundart nie die Rede. Lassen wir also den „Herrenweg“ außen vor!
Jetzt müssen wir nur noch zwischen „Heerweg“ und „Hühnerweg“ differenzieren. Dazu hilft ein Blick in Ernst Schneiders Flurnamenbuch der Gemarkung Malsch, wo unter der Nr. 239 ein „Hühnerweg“ auftaucht. Er wird nur ein einziges Mal urkundlich erwähnt, und zwar im Jahre 1703: „auf den Hüener weeg (…) stost auf den Hörweeg“. Der Hühnerweg stößt also auf den Heerweg! Dies ist eine wertvolle Erkenntnis, zeigt sie uns doch, dass einst zeitgleich ein Heer- und ein Hühnerweg existierten.
Doch wo befand sich der Hühnerweg?
Der Hühnerweg zweigt beim Kapellenfeld in Richtung Süden vom Heerweg ab und führt über den „Kapellenrain“ in die „Durbireben*“, wo er den Waldprechtsbach überquert und in das Gewann „Hinterbach“ (beim Schwimmbad) führt. Vielleicht erraten Sie es schon: Auch der „Hinterbach“ geht auf das Vorkommen von Rebhühnern zurück. Noch 1827 wird dieser urkundlich als „Hühnerbach“ erwähnt. Somit ist der Hühnerweg die kürzeste Verbindung vom Heerweg in das Gewann Hühnerbach.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Mundart heute den Heerweg mit dem Hühnerweg gleichsetzt, obwohl es sich dabei eigentlich um zwei verschiedene Wege handelt.
Aber nun wollen wir uns wieder der Bedeutung des Wortes „Heerweg“ widmen.
Erstmals fand er im Jahre 1501 als „Herweg“ urkundlich Erwähnung. Es folgen Nennungen aus den Jahren 1593, 1618 und 1703, wo er jeweils „Hörweg“ geschrieben wird. In dieser Wegebezeichnung steckt offensichtlich das Wort „höher“, das in der hiesigen Mundart „hea“ ausgesprochen wird. Folglich handelt es sich bei „Heerweg“ um die Lautschrift von „Höherer Weg“.
Überprüfen wir unsere neue Erkenntnis gleich einmal vor Ort! Wir stellen fest, dass der Heerweg genau auf dem Kamm des Rebberges verläuft und er eine hervorragende Aussicht sowohl in die Rheinebene als auch ins Waldprechtstal eröffnet. Im Vergleich zum Zieligweg (Dr.-Eugen-Essig-Straße) oder der Waldprechtsstraße ist er eindeutig der „Höhere Weg“.
Für den „Heuweg“ hinter der Sulzbacher Freihofhalle dürfte Ähnliches gelten: Er führt vom Bruch ausgehend „in die Höhe“ nach Sulzbach und von dort aus schnurstracks den Bergwald hinauf zum Rimmelsbacher Hof. Es handelt sich also um einen „Höhweg“, der sich in der Mundart zum „Heeweg“ verwandelt. Nun fehlt es nur noch an einem ortsfremden Beamten und schon wird der „Höhweg“ als vermeintlicher „Heuweg“ in die amtlichen Register übernommen. Auch auf Gemarkung Freiolsheim finden wir einen Heuweg, der in Serpentinen vom hinteren Waldprechtstal aus nach Freiolsheim führt.
Übrigens existieren auch im Kraichgau zahlreiche „Hohe Straßen“, die noch in ihrer alten, richtigen Form überliefert sind und die alle gemeinsam haben, dass sie über Bergkämme führen. Solche Wege finden sich beispielsweise bei Königsbach, Oberacker, Östringen und Bahnbrücken.
Ferner finden wir zwischen Kraichgau und Zabergäu zwei lange „Heerstraßen“, die auf exponierten Trassen dem Heuchelberg folgen.
Offensichtlich hat also auch der Heerweg nichts mit den Römern zu tun. Bleibt nur noch das mutmaßliche römische Heiligtum auf dem Kirchhügel, von dem bislang jede Spur fehlt.
Trotzdem dürfen wir uns sicher sein, dass die Gemarkung Malsch einst von einer römischen Fernstraße tangiert wurde. Diese ist außerhalb des Bruchs entlang der Vorbergzone zu suchen, wo sich auch die zahlreichen römischen Villen und Gutshöfe befanden. Wo genau diese Heerstraße über unsere Gemarkung führte, ist bis jetzt allerdings noch ein Geheimnis der Geschichte.
Man muss aber auch sehen, dass allein die Bezeichnung eines Weges oder einer Straße noch lange kein Indiz auf seine früheren Benutzer ist. Dagegen ist im Falle des Heuweges bei Sulzbach eine Beziehung zu den Römern sogar äußerst wahrscheinlich, da kürzlich in seiner unmittelbaren Nachbarschaft römisches Mauerwerk und Scherben entdeckt wurden. Es bleibt also spannend – auch ohne „echte“ Römerstraße. Thomas Meyer
1* aus facebook Kommentar: Thomas Wetzel: Hallo Frank, es war ein Unfall mit dem Pferdefuhrwerk, als die Pferde bergabwärts in der Biegung des Heerweghohl scheuten und den Joseph Hornung verunglücken ließen! Das Fuhrwek hatte laut Aussage Holz geladen. Das hat mir zumindest mein Opa mehrfach erzählt - denn die Mutter meines Großvaters war eine Hornung (aus 2. Ehe) und die soll die Enkelin des Verunglückten gewesen sein... Das heisst, hier ist mein Ur-ur-ur-Opa verunglückt
Anmerkung zum Text:
*Der Flurname Durbireben leitet sich ab von „Dorrbühlreben“ und bezeichnet einen Weinberg, der unter Austrocknung leidet.
Quellen:
l Ernst, Lore: Die Geschichte des Dorfes Malsch, Malsch (1954)
l Schneider, Ernst: Die Flurnamen der Gemarkung Malsch, Malsch (1965)
l Hug, Wolfgang: Geschichte Badens, Stuttgart (1998)
l Kriegsarchiv Wien: Schmitt'sche Karte von Südwestdeutschland, Blatt 33, herausgegeben vom Landesvermessungsamt Rheinland-Pfalz, Koblenz (1986)
l Landesvermessungsamt Baden-Württemberg: TOP 25 BW, Stuttgart (2007)