Künstler und ihr Dorf
Professor Theodor Schindler
In der Reihe der Heimatfreunde Malsch e.V. „Malscher Künstler“ wird das Wirken von Professor Theodor Schindler zu seinem 150. Geburtstag und 70. Todestag geehrt. Dessen Tochter Klara und Schwiegersohn Werner Koch dürfen hier nicht unerwähnt bleiben. Zusammen bildeten sie eine bedeutende Künstlerfamilie. Burgl Rademacher fasste den Beitrag zusammen.
Ohne der jüngeren Generation der Familie zu Nahe zu treten, war es doch Theodor Schindler, der als das Genie der Familie bezeichnet werden kann. Die Malerei war eine feste Rolle in seinem beruflichen und privaten Leben.
Fünf Monate vor Beginn des Deutsch-Französischen Krieges wurde Theodor Schindler am 1.4.1870 in Malsch als Sohn des Hirsch-Wirtes in eine wohlhabende Familie hinein geboren. Unterstützt vom Vater begann er schon mit jungen Jahren eine Ausbildung zum Zeichenlehrer in der Kunstgewerbeschule Karlsruhe und bereits 1891 belegte er das Kunststudium an der Großherzoglichen Akademie der Künste in Karlsruhe. Seine Lehrer Ferdinand Keller und Leopold von Kalckreuth bestärkten ihn 1895, sich in einer bekannten privaten Malschule in München weiter zu entwickeln.
Bereits 1901 wurde Theodor Schindler an der Oberrealschule in Heidelberg die Stelle als Zeichenlehrer angeboten und ein Jahr später unterrichtete er am Karl-Friedrich-Gymnasium in Mannheim. 1903 heirate er die Tochter des in Malsch angestellten Oberlehrers Göller und wurde 1906 Vater des einzigen Kindes Klara.
Es folgen Jahre mit zahlreichen, namhaften und auch internationalen Ausstellungen von hohem Rang. Als er mit 44 Jahren in Weimar an der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule zum Professor ernannt wurde, brach der 1. Weltkrieg aus und er kehrte in den Schuldienst nach Mannheim zurück. Mit 54 Jahren musste er aus gesundheitlichen Gründen in den vorzeitigen Ruhestand und zog mit der Familie nach Karlsruhe. Tochter Klara hatte das Talent des Vaters geerbt und studierte nun auch, wie bereits der Vater, an der Kunstakademie Karlsruhe.
Theodor Schindler widmete sich weiter der Malerei.
Motive aus Malsch zeugen aus dieser Zeit mit der Intimität, der landschaftlichen Gebundenheit und der Darstellung mit den Eigenheiten der Dorfbewohner von seiner Verbundenheit zur heimatlichen Scholle. Im Gasthaus Lamm, seine Schwester hatte den Wirt geheiratet, übernachtete er und später auch seine Tochter sehr oft.
1932 baute er dann auf einem großen Wiesengelände am Ortsrand von Malsch ein Haus, orientiert am Bauhausstil und kehrte damit an seinen Geburtsort zurück. Das Haus mit gerader Linienführung, auf Funktionalität und zugleich auf großzügige Nutzbarkeit bedacht, plante der Karlsruher Architekt Günthner. Im Innern stattete das Ehepaar Schindler das Haus mit ansprechenden Antiquitäten aus. Der Bauhausstil kam hier nicht zum Tragen. Sehr viele Gegenstände aus dem Haus finden sich auf Gemälden Schindlers als Requisiten wieder.
Das Inventar und sehr viele Gemälde wurden im „Schindlerhaus“ von 2007 bis 2012 gezeigt, das in dieser Zeit als privates Museum, initiiert durch den Enkel Nikolaus Koch, zugänglich war. Das „Schindlerhaus“ wurde zwischenzeitlich verkauft.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Theodor Schindlers Schaffen mit dem Terminus kulturbolschewistisch eingestuft. Schindler zog sich aus der Öffentlichkeit zurück und überstand die Kriegszeit mit Auftragsarbeiten. Bereits 1945 starb seine Frau Mathilde. Er lebte bis zu seinem Tod am 26. Juni 1950 mit Tochter, Schwiegersohn Werner Koch und Enkel Nikolaus in seinem Malscher Haus.
Man schätzt, dass Theodor Schindler etwa 1500 Ölgemälde, unzählige Aquarelle, Zeichnungen, Holzschnitte und Drucke geschaffen hat. Ein Großteil ist in den Kriegsjahren verloren gegangen. Werke sind in den Kunsthallen Karlsruhe, Mannheim und Wuppertal zu sehen, sehr viele in Familien- und Privatbesitz. In über 70 nachweisbaren Ausstellungen wurden seine Werke präsentiert.
Zu den beeindruckendsten Gemälden zählt „die Madonna“ aus dem Jahre 1911 und stellt seine Frau Mathilde dar und „der Bauer mit der roten Weste“ in feiertäglicher Gehobenheit. Es spiegelt seine Freude zu dieser Zeit an farbiger Großflächigkeit.
Nach 1918 wechselte er das Genre zu Stillleben, Landschaftsansichten und Dorfidylle.
Nach dem Tod seiner Frau 1945 begann er, sein Enkel nannte es „einen künsterlischen Neuansatz“, in neuer Sachlichkeit zu malen.
In über sechs Jahrzehnten seines Schaffens zeigte sich in seinen Werken die Chronologie von Realismus, Impressionismus, Expressionismus, Kubismus bis, in den letzten fünf Jahren seines Lebens, zur neuen Sachlichkeit.
Ein Werk Schindlers, sitzender weiblicher Akt von 1913, gelagert in der Kunsthalle Mannheim, ist in der weltweiten Lost Art-Datenbank aufgenommen, da Zweifel aufgekommen sind, ob dieses Gemälde in der NS-Gewaltherrschaft entzogen, bzw. kriegsbedingt verlagert wurde.
Im Jahre 1996 hat die Gemeinde Malsch zum 125. Geburtstag 140 Werke in einer beeindruckenden Ausstellung präsentiert und zeigten über 60 Jahre künstlerischen Schaffens. Die Gemälde zeigten Portraits, Dorfansichten, Landschaften und Stillleben des weit über Baden hinaus bekannten Künstlers.
Die Leihgaben waren aus Besitz von Privatleuten und der Familie. Die Ausstellung wurde in einem ansprechenden Kunstkatalog, der ein Stück Heimatgeschichte spiegelt, festgehalten. Der Kunsthistoriker Karl-Ludwig Hofmann, verstorben 2015, hatte die Ausstellung begleitet. Ein Film, moderiert von Dr. Nikolaus Koch, führt durch das ehemalige Schindler-Haus-Museum, der ebenfalls von den Heimatfreunden eingestellt wurde (Link steht oben).
Das elterliche Erbe, die Kunst des Malens und Zeichnens, ging auf die Tochter Klara über. Inspiriert durch das künstlerisch geprägte Elternhaus und verbunden mit Talent malte sie schon in frühen Jugendtagen. An der Kunstakademie in Karlsruhe lernte sie ihren Mann Werner Koch, 1904 in Straßburg geboren, kennen.Nach dem Studium arbeitete er als Kunstlehrer in Mannheim und bis zu seinem Tod 1961 am Eichendorf-Gymnasium in Ettlingen. Sie heirateten 1942 und lebten ebenfalls im Schindlerhaus. Werner Koch malte Portraits, Stillleben und Landschaften, in Öl und als Aquarell.
Urenkelin Katharina Kroll bewahrt in ihrer neuen Heimat in Zürich einen großen Teil der Werke Ihres Urgroßvaters und der Großeltern.
Sehr viele interessante Filme von Dr. Nikolaus Koch zum Thema bei YouTube: Hier klicken ....
Raubkunst (?) von Theodor Schindler
Die Kunsthalle Mannheim hat 667 Gemälde und Skulpturen auf ihre Herkunft untersucht. Bei 135 Objekten konnte keine unbedenkliche Herkunft ermittelt werden. Darunter ist auch ein Gemälde von dem Malscher Künstler Theodor Schindler, das in der Datenbank LostArt aufgenommen wurde, in der Kunstwerke verzeichnet sind, die als Raubkunst gelten und die während der Zeit des Nationalsozialismus geraubt beziehungsweise „NS-verfolgungsbedingt entzogen“ wurden.
Die Heimatfreunde Malsch haben den Kontakt zu der Urenkelin vermittelt, die evtl. im Archiv ihres Urgroßvaters die ursprünglichen Eigentümer ergründen kann.
Theodor Schindler (1870 - 1950), Sitzender weiblicher Akt, 1913, Öl auf Leinwand, Bildmaß: 87 x 76 cm, Signatur: „Th. Schindler 13“ (unten rechts), Inv.-Nr. M901
1938 von Obersturmbannführer Dr. Nuss, Mannheim, im Tausch erworben
Derzeit bekannter Provenienzverlauf: